Kongressbericht Viszeralmedizin 2015 Leipzig

16. bis 19. September 2015, Leipzig

Bunt Gemischtes aus der Chirurgie
von Albert Tuchmann

Der Kongress hatte etwa 3.800 Teilnehmer, Gastroenterologen, Endoskopiker und Chirurgen, letztere etwa 1.200. Er ist eine gute Alternative zum Deutschen Chirurgenkongress, der jeweils im Frühjahr stattfindet. Die DGAV tritt etwa in gleicher Stärke auf wie bei der Frühjahrstagung.

Es gab zahlreiche Workshops und Kurse im Vorfeld des Kongresses (Mittwoch), zahlreiche Lunchsymposien und Satellitensymposien.

In Berlin Charité werden Magenkarzinome bereits standardmäßig laparoskopisch operiert, außer T4-Fälle; Kontaktadresse beim Verfasser. Zwei Sitzungen der CAJC (Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Junge Chirurgie) fanden statt, es wurde dabei diskutiert, ob kaufmännische Kenntnisse für chirurgische Führungskräfte (Chef- und Oberärzte) notwendig sind. Ansprechpersonen ebenfalls beim Verfasser.

Sitzung über Highlights aus der Viszeralchirurgie, entspricht einem Extrakt des sogenannten „Updates“, das in Berlin und Mainz jedes Jahr stattfindet. Prof. Werner, München, berichtet über Milestones der Chirurgie: TAMIS, mesokolische Resektion bei der Hemikolektomie rechts (Literatur Bertelsen), eine Mulitcenterstudie Pankreatogastrostomie versus Pankreatojejunostomie (Literatur bei Keck), Pasireotid (ähnlich Somatostation) zum Fistelverschluss bei Pankreasoperationen, Folfirinox präoperativ, also neoadjuvant, vor Pankreaskarzinomoperationen (Autorin ist eine Christina Ferrone aus dem MGH). An der Leber gibt es noch eine Studie über PET-CT und Lebermetastasen und aus der Transplantation,.. den Spender auf 34 Grad abkühlen bringt bessere Ergebnisse.

Im Lancet 2015 wurde ein Fall Uterustransplantation von einer 61-Jährigen auf eine 38-Jährige publiziert. Diese bekam nach 31 Monaten ein Kind!
Ösophagus: CROSS-Studie neoadjuvante Therapie gegen eine Nullgruppe; das mediane Überleben hat sich dadurch von 24 auf 48 Monate erhöht.
Aus der Endoskopie: Der Endocuff steigert die Adenomdetektionsrate und schließlich von praktischem Wert: Die Post-ERCP-Pankreatitis wird durch Diclofenac sowie durch Hyperhydrierung maßgeblich gesenkt.

Sitzung CAJC (Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Junge Chirurgie):
Vortrag von Fichtner-Feigl, Regensburg, über den optimalen Werdegang eines akademischen Chirurgen aus seiner Sicht: zuerst Common Trunk, dann Labortätigkeit mit konkreter Fragestellung! Für ein Fellowship in den USA muss man sich bewerben, man muss Facharzt sein, das ECFMG (das ist die amerikanische Nostrifikation) haben und außerdem einen Sprachtest vorweisen können. Es gibt viele Bewerber. Idealerweise folgt auf die Labor- oder Researchtätigkeit dann die eigentliche Facharztausbildung, wobei die Wissenschaft dann so betrieben wird: Leitung von Projekten, die Arbeit machen z.T. andere, Aufstellen von Drittmitteln usw.

Büchler über fortgeschrittenes Pankreaskarzinom, siehe auch Hartwig, Surgery 2014:
Es ist alles definiert (im Gegensatz zu anderen Meinungen), lokal fortgeschritten, metastasiert.
Hinsichtlich Gefäßrekonstruktion: Die Vene ist kein Problem, siehe auch Zhou, WJS 2013 (?).
Die Milzarterie eignet sich gut als Ersatz für die Arteria hepatica. Der Arterienersatz, der derzeit problematisch ist, wird in fünf Jahren möglicherweise kein Problem mehr sein. Die Mortalität von Arterienrekonstruktion bei Pankreasresektion liegt zwischen 6 und 7%. Literatur dazu: Mollberg, Ann.Surg. 2011.
Büchler berichtet über 613 erweiterte Pankreasresektionen mit Gefäßrekonstruktion (80% davon Pfortader, 15% Arterie) und hat diese Fälle mit 1.200 Standardresektionen verglichen: Mortalität 4 respektive 1,8%, Fünf-Jahres-Überleben 12% gegenüber 21%.
Ferner berichtet Büchler über 144 M1 (Fernmetastasen) –Fälle: Die Patienten profitierten signifikant von der Resektion des Primum (Selektion ??).
Insgesamt wurden in Heidelberg 8.500 Fälle in 14 Jahren operiert, das sind 70 pro Monat oder drei Whipple-Operationen pro Tag, die Mortalität lag bei 3,3%.

Neoadjuvante Therapie beim lokal begrenzten Pankreaskarzinom: Vortrag von T.Seufferlein, Ulm, der auch die Leitlinien an vorderster Stelle mitentwickelt hat. Neue Therapien mit Paclitaxel und Gemcitabine, ferner Folfirinox. Das Problem beim Pankreaskarzinom ist das Stroma, in das das Zytostatikum schlecht eindringt. Dafür eignet sich Folfirinox aber besser als platinbasierte Präparate. Literatur bei Waddel, Nature 2015, mit Genmutation!
Insgesamt bekommen 80% aller Pankreasresezierten Chemotherapie, die meisten aber erst nach 12 Wochen und das ist das Problem, weil die Chemotherapie zu spät einsetzt, da die Patienten so lange benötigen um sich von dem Eingriff zu erholen.
Chantrill, Clin. Cancer Res. 2015, 21: 2029 über Sequenzierung

Noch ein Beitrag über Pankreaskarzinom von Prof.Uhl, Klinikvorstand in Bochum:
Literatur Ravikamar, JACS 2014, 1.500 Fälle von Pfortaderresektion. Arterienresektion: kein wesentlicher Benefit, zitiert Mollberg Ann.Surg. 2015. Uhl berichtet allerdings über einen Fall mit zwei Lebermetastasen, beide reseziert, Chemotherapie mit Gemcitabine und Oxaliplatin; 8 Jahre rezidiveren! Ein weiterer Fall nach 4 Zyklen Folfirinox war der Tumor verschwunden, eineinhalb Jahre später allerdings Rezidiv.

Eine Umfrage des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen (BDC) über die Generation Y hat ergeben: Das Wichtigste ist ihnen die Ausbildung (91%), den Baby-Boomern war die Ausbildung nur zu 50% wichtig.

Zystische Läsionen des Pankreas: Serös (geringes malignes Potential) versus Muzinös (CEA erhöht). Diagnose: Endosonographie plus Punktion plus CEA. Seröse zystische Neoplasie entspricht in ihrer Dignität der FNH der Leber, ist nie (?) maligne, kommt nur bei Frauen vor. Muzinöse zystische Neoplasie (MCN): Auch nur bei Frauen, ist eine OP-Indikation.
IPMN: Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie, es gibt Hauptgang-, Seitengang- und gemischte Typen; Sendai 2006 – Kriterien
Karzinome in der chronischen Pankreatitis sind wahrscheinlich alle IPMNs.
Multifokale Seitengang-IPMNs ohne Knoten können observiert werden. Seitengang-IPMN über 3 cm und symptomatische IPMNs sind eine OP-Indikation.
Fukuoka 2012-Klassifikation, publiziert bei Tanaka Pancreatology 2012 sowie Sahora u.a. Ann.Surg. 2013.
Malignitätskriterien: Wenn in der Endosonographie der Hauptgang erweitert ist (über 10 mm), Knötchen, dicke Wand, atypische Zytologie. Dann gibt es noch die Worrisom-Kriterien (Gangweite ?)
Malignität: Hauptgang IPMN in 60 bis 90% maligne, Publikation 600 Fälle von IPMN bei Hackert (aus der Büchler-Gruppe), Ann.Surg. 2015. Bei 5 bis 9 mm Hauptgangweite sind 35% maligne, bei Seitengang-IPMN nur etwa 20%.

Noch ein Vortrag zur neoadjuvanten Therapie:
Die Überlebensrate des Pankreaskarzinoms ist insgesamt etwa 6%, früher waren es 2,4%; bei den resezierten überleben 20% fünf Jahre; bei 3 cm Tumorgröße gibt es bereits in 94% Metastasen; 60% der RO-Resezierten haben nach 6 Monaten ein Rezidiv !! – Daher Forderung nach einer neoadjuvanten Therapie; diese sollte früh einsetzen, andererseits geht es den Patienten postoperativ oft schlecht.
Es gibt unterschiedliche Definitionen für Borderline-Befunde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert