- und 7. Juni 2019 in München, erstellt vonUniv.-Prof. Dr. A. Tuchmann
Thema: Schilddrüsenchirurgie – neue Entwicklungen und Strategien www.schilddruesenkongress.net
Wissenschaftliche Organisation Prof. Schardey, Agatharied Deutschland und Mitarbeiter.
Leitung: Prof. Dr. Jens Werner, LMU München
Dieser 2-tägige Kongress behandelt alle wesentlichen Aspekte der Schilddrüsen – und Nebenschilddrüsen-Chirurgie, er ist sowohl Experten-Meeting als auch Fortbildungsveranstaltung für ChirurgieanfängerInnen, Facharzt-Vorbereitung als auch für Endokrinchirurgie-SpezialistInnen. Der folgende Kongressbericht ermöglicht Einblicke in die Veranstaltung, aufgrund der großen Anzahl von Vorträgen (n = 30) kann er die gebrachten Inhalte nicht vollständig abbilden. Dieser Bericht soll aber zum Besuch dieser Veranstaltung, die 2020 wieder stattfindet, anregen.
Erster Kongresstag:
DifferenziertesSchildrüsenkarzinom: papillär und follikulär;
Leitlinien in Europa und USA;
Indikation zur Radiojod-Therapie
Papilläres Mikrokarzinom und minimal-invasives follikuläresKarzinom (keine Lymphknotenmetastasierung) haben eine geringe Malignität. Eine generelle Thyreoidektomie ist nicht notwendig.
Bei Gefäßinvasion (follikuläres Karzinom) ist eine Thyreoidektomie notwendig.
Goretzki: Eine Thyreoidektomie ist bei einem Tumor von 2 cm oder größer notwendig und Patient über 55 Jahre.
Prof.Schmid, K.W. (Pathologe aus Essen) legt Wert auf papilläres Karzinom und gekapselte follikuläre Variante, da gibt es eine invasive Variante und eine nicht invasive Variante (NIFTP). Das NIFTP ist manchmal schwer abzugrenzen gegenüber einem gering differenzierten Karzinom. NIFTP`s können auch groß sein (z.B. 7 cm). Wichtig: das minimal invasive follikuläreKarzinom ist ohne Angioinvasion, jedoch mit Kapseldurchbruch. Calcitonin gehört immer bestimmt als Screening für medulläres Schilddrüsenkarzinom.
Dann gab es noch Vorträge über Lymphknotendissektion:
Radikalität? Videos über zentrale Lymphknotendissektion.
Eine Sitzung beschäftige sich mit den minimal-invasiven Verfahren.
MIVAT, von Miccoli aus Pisa mit 2400 Fällen.
Vorteile: bessere Kosmetik, weniger Recurrensparesen
In Agatharied (dem Krankenhaus des Kongressveranstalters) wird das ENDO-CATS-Verfahren reichlich angewendet. Der Hautschnitt erfolgt hinter dem Musculus sternocleidomastoideus als Längsschnitt, am Haaransatz. Es muss auf den Nervus accessorius aufgepasst werden, die Trokar-Einlage erfolgt zwischen den beiden Anteilen des Musculus sternocleidomastoideus. Insgesamt wurden in Agatharied 437 Fälle minimal-invasiv operiert, ENDO-CATS 162, ABBA99 und TOETVAetwas weniger (transorales Verfahren).
Das ENDO-CATS-Verfahren erlaubt nur ein einseitiges Operieren, daher 90% kalte Adenome, 7% autonome Adenome, durchschnittliche OP-Zeit 146 Min., Durchschnittsgröße der Präparate 3.5 cm. Literatur: Schardey, Endosc. Surg.
Recurrensparese temporär 3.2%, permanent 1.3% Vom ABBA-Verfahren (axillo-bilateral-breast Approach) wird ein Video gezeigt, Prof. Strik aus Berlin konnte selbst nicht anwesend sein.
Vortrag von Frau Michlmayr aus Wiener Neustadtüber TOETVA, das ist die transorale Form der minimal invasiven Schilddrüsenchirurgie.
Am 10. September 2019 findet ein diesbezüglicherKursan der Medizinischen Universität Wien, Chirurgische Klinik (Prof. Riss, Prof. Scheuba) statt. Im Krankenhaus Agatharied wurden bereits 27% der Schilddrüsenoperationen endoskopisch durchgeführt, das sind etwa 300 im Jahr, zuletzt waren es 400.
TOETVA ist leichter zu erlernen, wird mit normalen endoskopischen Instrumenten durchgeführt.
Pionier auf diesem Gebiet ist ein Dr. Anuwong, Publikation 2018 mit 425 Fällen ohne Rekurrensparese ohne Hyperparathyreoidismus!!
Die minimale invasive Schilddrüsenchirurgie geht auf Gagner und Hüscher zurück.
Literatur: Endosc.Surg. 1997; Siehe auch www.toetva.at
Vortrag über Radiofrequenz-Ablation (RFA) von Prof. Riss aus Wien.
Literatur: Inabnet, WCS 2019
Bethesda-Kriterien (Malignität?, Zytologie?)
z.B. bedeutet Stadium II ein Karzinomrisiko von 12.7%.
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom ist ein enkapsuliertes Karzinom, das heißt nur in der endgültigen Histologie beurteilbar durch Kapselinvasion; in „nur“ 9% gibt es Fernmetastasen.
Radiojod-Therapie, Vortrag aus München: Nebenwirkungen sind selten: Speicheldrüsenentzündung, Trachealstenose, Gastritis, Strahlenthyreoiditis.
Hyperparathyreoidismus und MEN (multiple endokrine Neoplasie):
Kalzium ist hoch, Phosphat ist niedrig, Parathormon ist hoch.
Diagnostik bei Malignomen: das Calcium ist hoch, das Parathormon niedrig.
80-85% haben ein Adenom, in 15% sind alle Epithelkörperchen befallen, in 1% besteht ein Karzinom.
Diagnostik: Sonographie, Szintigraphie, eventuell CT, eher MR (vor allem für intrathorakale Lokalisation). Neu ist das 18 F – Fluorocholine PET/CT Die Häufigkeit ist von 1970 auf 1990 auf die Hälfte zurückgegangen (Daten der Mayo-Clinic).
Präivalenz des primären Hyperparathyreoidismusin Europa 0.4 – 2%. Natürlicher Verlauf: 60% haben stabilen Verlauf (wenn sie asymptomatisch waren). Der stabile Verlauf kann wieder durch Calcium, Vitamin D kontrolliert werden.
Man kontrolliert Auswirkungen auf Niere und Knochen (Knochendichteverlust?, eventuelle Frakturen).
Hinsichtlich des Nierenbefalls ist die Calcium-Ausscheidung im 24 Stundenharn zu bestimmen.
In USA gibt es Leitlinien: symptomatische Patienten sollen operiert werden, asymptomatische sollen/können operiert werden, weil das kostengünstiger ist.
Auch Auswirkungen auf die Psyche, auch kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall). Die Altersgrenze hat sich von 50 auf 70 Jahre verschoben.
Parathormon: Erster Assay 1969 Publikation Buhr 1990 in Zusammenhang mit Operation
Intraoperativer Abfall, Mc Henry (Toronto) 1990
Bergenfelz 300 Mio US$ Schadenersatz für erhöhte Werte und unnötige Operationen.
Literatur: Philipp Riss, Langenbecks Arch. Surg. 2009
In Deutschland STuDoQ – DGVA Website; mehr als 2000 Operationen an 85 Kliniken; 82% machen intraoperative PTH-Messung.
Intraoperative PTH-Bestimmung dauert ca. 30 Minuten.
HPT (Stuttgart, Vortrag Dr. Zielke, Diakonie-Klinik) 572 Fälle.
Präoperative Lokalisationsdiagnostik – nur 5% haben eine Mehr Drüsenerkrankung; in der Realität sind es 20%, das heißt, man riskiert Rezidive, wenn man sich auf Ultraschall verlässt, der z.B. sagt „Nur ein Adenom“.
MIBI = Szintigraphie F 18 CH-PET 4 DCT
Methionin PET/Scan
Norman 15.000 Parathyreoidea-Operationen, Publikation JACS 2012.
Negele aus München (Martha-Maria-Spital): 645 Fälle; Rezidiv 7%
Intraoperative PTH-Messung: unter 26 (= Therapieerfolg)
Der 20 Minutenwert soll unter dem 10 Minutenwert liegen; nur der Vergleich macht sicher.
Vortrag postoperativer Hypoparathyreoidismus: Nach Thyreoidektomie Publikation Halle. Seit 2016 mehr als 400 Fälle
PTH unter 11 = Hypoparathyreoidismus (cut off 19.8)
Diskussion: Parathormon beim Wundverschluss abnehmen
Literatur: Park Parathyreoidea; WJS 2016
OP-Technik:
1.Verwendung der Lupenbrille: Vergleich 50 versus 50 Fälle (ohne Lupenbrille)
2.Demonstration der Präparation bei Gemsenjäger in einem Buch aus 2006; wichtig ist, an der Schilddrüsenkapsel zu bleiben; damit fällt das ganze Gewebe mit Epithelkörperchen und Nerv nach dorsal weg.
3. bipolare Pinzette ist besser als Ligasure, und dieses ist wieder besser als Ultracision.
Das unauffindbare Nebenschilddrüsenadenom:
Der Fall eines Kapitäns aus Boston (historische Kasuistik); der sieben Operationen über sich ergehen ließ .., interkurrent zahlreiche pathologische Frakturen, die letzte Operation endete bei einer Sternotomie, insgesamt hatte der Kapitän 18 cm Körpergröße verloren. Er war vom Hyperparathyreoidismus geheilt, ist aber später gestorben. Der Fall stammt aus dem Jahr 1933.
Diagnostik: Calcium stark erhöht, Parathormon erhöht, Phosphat erniedrigt, Calcium im 24 Stundenharn.
Bei Reoperation:an typischer Stelle zuerst suchen, dann im Thymus, dann innerhalb der Schilddrüse; die Carotis darstellen mit ihrer Gefäßscheide, ebenso den Oesophagus; immer mit Magensonde operieren.
Bis 19% aller Menschen haben eine 5. Drüse.
Nach 3 Stunden Suche soll das Team gewechselt werden (1. Stunde suchen, 2. Stunde alles sieht wie Adenom aus, 3. Stunde …).
18 F Fluorocholine PET/CT
Vortrag von Prof. Wolf aus Graz: 237 Fälle (2004 – 2009), korrekte Lokalisationsdiagnostik in 200 Fällen. 2009 – 2017 320 Fälle; eine Reoperation soll nach 6 Monaten erfolgen, wenn die erste Operation erfolglos war.
Vortrag Alesina, Hypoparathyreoidismus nach Thyreoidektomie; in 13.4% kommt es zum Hypoparathyreoidismus (skandinavische Studie). Fluoreszenz-Angiographie am Ende der Operation.
Methylenblau:Neurotoxisch und färbt ganzes Operationsgebiet, daher verlassen.
Indocyaningrün (Ladurner aus München)
Cave:Jodallergie, das ist nämlich die einzige Kontraindikation Nahinfrarotquelle macht die Epithelkörperchen sichtbar; ist aber auch Spezialisten überlassen, da sich das gesamte Gebiet mehr oder minder grün anfärbt.