Erweiterte und multiviszerale Eingriffe beim fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom
von Rudolf Roka
Die Herausforderung bei der Chirurgie organüberschreitender Schilddrüsenkarzinome (OSC) liegt im adäquaten Resektionsausmaß um sowohl der Radikalität als auch dem Funktionserhalt gerecht zu werden. OSC weisen einen eklatant höheren Prozentsatz an histologisch aggressiven Formen auf. Die Häufigkeit liegt zwischen 4% und 7% scheint jedoch in letzter Zeit durch die hohe Rate präventiver Eingriffe zurückzugehen.
Therapeutisch anspruchsvoll ist die Infiltration in Trachea, Larynx, Hypopharynx, Ösophagus und die großen Gefäße. Die häufigste Form des OSC in den Larynx ist das An- oder Umwachsen des Nervus laryngeus recurrens, zumeist nahe seiner Einmündung in die Larynxmuskulatur.
- Bei intaktem Nerven sollte ein “Shaving” durchgeführt werden, wenn eine makroskopisch vollständige Tumorentfernung möglich ist. Eine anschließende Radio-Jod-Therapie bei differenziertem OSC ist obligat.
- Ist der Nerv bereits funktionslos ist eine Neurolyse nicht erfolgreich und der Nerv sollte reseziert werden. Die Infiltration der Trachealwand, vor allem jedoch die intramurale Tumorausbereitung ist nicht abschätzbar. Das bedeutet, dass ein „Shaving“ nur bei ganz oberflächlicher Adhärenz des Tumors zur Anwendung kommen sollte. Onkologisch am verlässlichsten ist somit die Vollwandresektion, vor allem als Querresektion. Aufgrund des Operationsrisikos ist ein derartiger Eingriff in Zusammenschau mit folgenden Faktoren abzuwägen: Allgemeinzustand, Alter und Lebenserwartung des Patienten, Histologie, Grading und Tumorstadium. Bei differenziertem OSC beträgt die Latenzzeit zwischen (inkomplettem) Shaving und therapiepflichtigem Lokalrezidiv im Mittel 67 Monate.
Nahtverschlüsse an Hypopharynx und Ösophagus sind aufgrund mangelnder Mobilisierungsmöglichkeiten Dehiszenz-gefährdet. Größere transmurale Defekte erfordern die Rekonstruktion mit frei transplantiertem Jejunum. Während die großen Venen relativ häufig von Tumor infiltriert sein können und entweder reseziert (Vena jugularis interna) oder rekonstruiert (Vena subclavia, Vena cava) werden, sind Arterien nur ausnahmsweise betroffen bzw. die Resektion/Rekonstruktion selten indiziert. Als Zugang zum Mediastinum eignet sich bei Prozessen im Mittelfeld die partielle oder totale Sternotomie, bei Prozessen im lateralen Mediastinum die partielle Sternotomie mit Verlängerung in den Interkostalraum der betroffenen Seite.